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Montag, 13. März 2023

Noch ein Museum der sehr fernen Zukunft

 


The Crypt of Civilization is an impenetrable airtight chamber, built between 1937 and 1940, at the Oglethorpe University in Brookhaven, Georgia. The 2,000-cubic-foot (57 m3) repository is meant not to be opened before 8113 CE and contains numerous artifacts and sound recordings that illustrate civilization and human development to the 20th century. Classic literature and religious texts were also deposited, as well as items showing the extent of scientific progress to 1939.

Thornwell Jacobs, the initiator of the project, was inspired by the opening of Egyptian pyramids and wanted to create a repository of everyday 1930s objects and a record of human knowledge over the preceding 6000 years. The Guinness Book of Records declared the Crypt to be the first genuine attempt to permanently preserve a record of 20th century culture for people of thousands of years into the future.



Freitag, 28. Oktober 2022

Ewigkeitswerkzeug

 



Wer ein Schloß als Tourist besucht oder ein Kloster als Sehenswürdigkeit, der kennt sie - diese unförmigen Pantoffel aus Filz, die beim Anziehen Anlaß zur Heiterkeit oder Verlegenheit geben. 

Der Sinn der unförmigen Fußbekleidung liegt auf der Hand. Man kann mit dem Schuhwerk, das man trägt, hineinschlüpfen und ungeniert über Parkett und Marmorboden schleifen, ohne Schmutz abzusondern.


Es gibt aber noch einen zweiten Sinn: anders als Schuhe mit harten Sohlen, beschlagenen Absätzen oder gar High Heels, nutzt der Filz der schützenden Pantoffeln die Böden weit weniger ab. Was wir als Sehenswürdigkeit, meist vorab bewundernd und wertschätzend besuchen, was als kulturelles Erbe meist unter Denkmalschutz steht, an dem jede Abnutzung eine Art von Verletzung der kulturellen Bedeutung wäre, soll ja dauerhaft Bestand haben. 


Musealisierte Immobilien und Mobilien sind mit einer merkwürdigen, unserem Verstand kaum zugänglichen Vorstellung von Ewigkeit ausgestattet. Das gilt auch für Museen, in besonderem Maße für Kunst Museen. Sie scheinen selbstverständlich immer da zu sein und auch das künftig und unbegrenzt. Niemand stellt sich die Dauer von Artefakten als zeitlich irgendwann endend dar, obwohl auch sie beschädigt werden oder zugrundegehen können. Etwa durch die begrenzte Haltbarkeit des Materials oder wegen verschiedener Umwelteinflüsse.


So gesehen sind die Filzpantoffel Ewigkeitswerkzeuge, der praktische Einspruch gegen Abnutzung und Verfall, das Hilfsmittel der scheinbar grenzenlosen Dauerhaftigkeit des kulturellen Erbes.





Sonntag, 20. Oktober 2019

Auch eine Museumsdefinition

Täuscht euch nicht, Mitbürger, das Museum ist keine oberflächliche Ansammlung von Luxusgegenständen oder Frivolitäten, die nur der Befriedigung der Neugier dienen sollen. Es muß eine Ehrfurcht bietende Schule werden. Die Lehrer werden ihre jungen Schüler hinführen; der Vater seinen Sohn. Der Jüngling wird beim Anblick der Werke des Genies in sich das Gebiet der Kunst oder Wissenschaft lebendig werden fühlen, zudem ihn die Natur berufen hat. Gesetzgeber, es ist Zeit, die Unwissenheit in ihrem Amoklauf aufzuhalten, bindet ihr die Hände, rettet das Museum, rettet die Werke, die ein Hauch vernichten kann und die die geizige Natur vielleicht nie wieder hervorbringen wird." 

2. Bericht über die Notwendigkeit der Auflösung der Museumskommission. Vorgetragen von (Jacques Louis) David, Abgeordneter des Departements Paris, in der Sitzung vom 27. Nivôse des Jahres II der Französischen Republik (16.1.1794).

Montag, 9. September 2019

Chinesischer Museumsboom

Als China die Errichtung von 1000 Museen innerhalb von 10 Jahren ankündigte, konnte ich diese Meldung nicht glauben. Doch es scheint dem Land Ernst zu sein mit dem staatlich geplanten Museumsboom und ein spektakuläres Museum nach dem anderen entsteht. Für welches Publikum, mit welchen Sammlungen, mit welchen kulturpolitischen Zielsetzungen?

Samstag, 24. August 2019

Kunstmuseen - Zu viele? Grade genug? Oder? (Sokratische Frage 46)



Seit 1990 sind allein in Deutschland 700 Kunstmuseen entstanden

Sind das viel zu viele?

Grade genug?

Zu wenige (kann es nicht genug Kunst geben...?)

Oder ist das gar ein Krisensymptom?

Freitag, 23. August 2019

Soll man...? (Sokratische Frage 45)



Soll man Kunstwerke (oder überhaupt Museumsobjekte) im Interesse ihrer dauerhaften Konservierung dem Publikum entziehen?

Oder ihren Verschleiß durch den"Gebrauch" des Zeigens, Ausstellens, Betrachtens aussetzen?

Samstag, 2. März 2019

Woher die Dinge kommen

"Die ganze Idee des Museums ist eine kolonialistische, imperialistische Fantasie, die aus dem Irrtum geboren wurde, dass die ganze Welt irgendwie ordentlich katalogisiert und in ein einzelnes Gebäude gesteckt werden kann, in dem sich das alles dann leicht verdauen lässt. Es gibt keine Objekte, die aus dem Nichts kommen, jedes Stück in einem Museum wurde aus seinem ursprünglichen Kontext entfernt. Es mag als unangenehm und grob gelten, sich genauer anzusehen, was damit verbunden war."

Alice Procter

Samstag, 2. Mai 2015

Disobedient objects, disobidient museums

Über zweihundertzehn Museen soll es in London geben. Habe ich irgendwo gelesen, das ist aber schon so seine Zeit her. Also werden es wohl mehr sein. Muß man sich ja nicht kümmern drum, die Leuchttürme ragen markant aus dem Getümmel: British Museum, National Gallery, Tate Britain und Tate Modern, Museum of National History, Victoria and Albert Museum. Ein touristisches Programm für Wochen, wenn man es genau nähme - aber dafür sind Museen ab einer gewissen Größe ohnehin nicht gedacht -, für Monate.
Im British Museum hat mein Körper, oder wars die Psyche?, schnell gestreikt. Zweiter oder dritter Tag und schon Ausfallserscheinungen beim London-Erkunden. Vermutlich das Stendahl-Syndrom! Zu viel von allem. Das wäre eine Definition für das British Museum. Hunderte Götterbildnisse. Was wollen die alle von mir?

Nicht anders erging es mir im Victoria and Albert-Museum, dessen Sammlung ja noch umfangreicher ist. Allein diese zwei Monument Courts, mit ihrer historistischen Orgie Wir wollen hier alles haben, und wenn es sein muß, dann nehmen wir auch Gipsabgüsse.
Eine Sonderausstellung, die nicht mehr als zwei, drei Säle umfasst, gerne. Das sieht überschaubar aus und ein Rundgang die Gehwerkzeuge nicht überfordernd.
Diese übersichtliche Ausstellung hatte den Titel Disobedient Objects. Worum ging es?


Der Einfachheit halber zitiere ich das V & A selber: From Suffragette teapots to protest robots, this exhibition was the first to examine the powerful role of objects in movements for social change. It demonstrated how political activism drives a wealth of design ingenuity and collective creativity that defy standard definitions of art and design.
Hm. Worum gehts da. Um den Protest, oder ums Design, das der Protest hervorbringt (und dahinter verschwindet)? Es gab interessante, berührende, überraschende, sehr vertraute usw. Dinge und vor allem ein Sammelsurium von Protestformen und -bewegungen. Mitnichten also so etwas wie eine politische Geschichte des Protests. Das gibt schon beim Flanieren in der Ausstellung ein schales Gefühl, erst recht beim Verlassen.
Disobedient. Mein Wörterbuch im Internet hat keine andere Übersetzung als ungehorsam, unfolgsam. Schön schief formuliert und gedacht, ein bissl witzig, regt meine Fantasie zum Blödeln an. (In Richtung dressierte Objekte, disziplinierte, als neue Objekteigenschaft neben Spur und Aura: störend, aufmümpfig...Sind Objekte ungehorsam? Wie die Jakobinermütze in der Ausstellung?
Eine analytische Kategorie ist es ja definitiv nicht. Würde man denn die Demos und Proteste, die da aufgefädelt präsentiert werden, mit dem Ausdruck unfolgsam bedenken?
Was für ein Thema, welche Aktualität. Aber als Revue der Unfolgsamkeit der Dinge ein bissl unterbelichtet, oder?
Der Ausstellungstext, wie es sich gehört auf kargem Material appliziert, liest sich so:


Also, dieselbe Ambivalenz. Eine Kunst- und Designausstellung. Einerseits. Andrerseits global struggle. Jetzt brauchts mein Großwörterbuch. Das weiß über disobedience aber auch nix andres zu sagen als: ungehorsam.
Fangen wir von vorne an. Beim Betreten des Museums, habe ich ganz schön gestutzt. Das monumentale (monumental Hilfsausdruck, würde Wolf Haas sagen) gotische Kathedralenportal mit Säulenheiligen und Goldene-Lettern-Inschrift war beidseitig mit einer Art von Tafelbild versehen. Die Sockelzone, fast doppelt so hoch wie ein Mensch, ist sowieso leer. Also kann da ruhig mal stehen Power to the people.


So etwas hinschreiben zu lassen, kostet ja nix. aber diese beiden Tafeln waren so etwas wie Mosaike, mixed media, Collagen. Und die Einzelteile mit ihren Botschaften waren nicht von schwachen Eltern, wie der Volksmund sagt. Prügelpolizei, Attacke auf Cameron, frontal, Muslime willkommen, Nazis nicht, Homesexuelle revoltieren, und: bewahrt uns bloß vor den Künstlern. Die mischen sich mit allen Gesellschaftsklassen und sind deshalb die Gefährlichsten.
 

Die Botschaft, daß Menschen ruhig sterben können, wenn ich (Wir. Wer?) nur weniger Steuern zahlen, ist zumindest überraschend als erste Botschaft eines Museums, als Teil jener Liminalität, die hier mal nicht ganz im Dienste der kulturellen Initiation steht. Und falsch ist es ja auch nicht, was da steht, im Gegenteil, das ist ein Satz der von Tag zu Tag dramatischer wahr wird und an Bedeutungsbreite stetig zunimmt.


Hate the state! Beziehungsweise: Wie lange wirst Du noch brauchen, bis es so weit ist?
Da stand ich im Eingang und war bass erstaunt. Wie das? Was ist d a s? Später begriff ich dann den Zusammenhang zur Ausstellung, und daß dieses Diptychon im Eingang auch so etwas wie die Werbung war. Aber eben nur auch. Die Botschaften waren schon schwer mit einem braven, vom Staat alimentierten, staatstragenden (?!) Museum zu vereinbaren. (Und das alles auch noch unter einem Deutschen Direktor. Doch d e n Gedanken habe ich schnell verworfen. Nein, Martin Roth, ist in dieser politisch-ideologischen Ecke noch nie aufgefallen).

Das Victoria and Albert Museum als disobedient Museum? Ungehorsam, nicht brav?
Im ganzen übrigen Rest, den ich vom Museum gesehen habe, war es sehr brav. Und hier nicht?
Was kann ein Museum tun, mit welchen Mitteln, aus welchen Motiven heraus, mit welcher Verantwortung dissident zu sein? Und woran könnte man merken, daß es das ist?


Das Überraschende an den beiden Tafeln am Eingang zum Museum ist, daß die dort angesprochenen Them tabu sind in Museen. Aber dieses Tabu zu brechenund eine gewisse Sympathie mit ideologisch rabiateren Positionen - stellvertretend - zuzulassen, läßt keine Rückschlüsse auf das Museum zu. Ästhetisierung und Musealisierung sind kein Lercherl. Wenn man die Distanz gut durchhält, kann man sich nahe an das Tabuisierte heranwagen. Sehr viel mehr aber auch nicht.


Sonntag, 1. Juni 2014

Gefährliche Kunst, ins Museum entsorgt

Ein deutscher Museumssziologe, der sich mit Kunst im öffentlichen Raum beschäftigte, hatte die These, daß Kunst dort ungleich konfliktträchtiger sei, als im Museum - ich denke, jedem fallen da rasch Beispiele. Einen kuriosen Fall gibt es jetzt um ein kurioses Denkmal des mit dem Kopf einen Gegener stoßenden Fußballspieler Zinedine Zidane, der darufhin ausgeschlossen wurde. Immerhin in einem WM-Finale.

Die Plastik, die den von einer Beleidigung Zidanes ausgelösten Kopfstoß verewigt, wurde vor dem Centre Pompidou in Paris aufgestellt und dann von der Museumsverwaltung Qatar gekauft und ebenfalls öffentlich aufgestellt. Und nun auf Grund von Protesten wieder entfernt. Gründe werden nicht genannt. Hat man die Botschaft des Künstlers, die er seinem Werk mitgegeben hat, es ginge um die Fehlerhaftigkeit auch heldenhafter Sportler (Männer?), nicht oder mißverstanden.
Die Lösung: die Plastik kommt ins Museum.
Womit wir wider sehen: Museen sind Orte der gefahrlosen Besichtigung - in vielerlei Hinsicht...

Sonntag, 27. April 2014

Musealisierung (Texte im Museum 474)

Hagia Sophia. Texttafel im Vorraum, die über die Umwandlung der Moschee in ein Museum durch Atatürk informiert. Derzeit gibt es Bestrebungen, diese Entscheidung zu revidieren und den Bau wieder in eine Moschee zurückzuverwandeln.

Sonntag, 16. Februar 2014

Chinas 1000 neue Museen

Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber dann las ich mehrere Berichte und wurde davon überzeugt, daß es tatsächlich eine Art Zehn-Jahresplan gibt, der die Errichtung von tausend Museen vorsieht. Statistisch also alle paar Tage eines. Möglich, daß da nicht nur Neubauten und -gründungen gemeint sind, sondern auch Renovierungen, Erneuerungen, Neukonzeptionen. Und nicht alle dieser Museen dürften staatliche sein, sondern regionale und lokale. Dennoch - warum dieser "angeordnete Museumsboom"?
Yinchuan Yellow River Arts Museum
Etwa dreieinhalbtausend Museen soll es derzeit in China geben, darunter spektakuläre Neubauten chinesischer, aber auch namhaftester europäischer Architekten. 1978 sollen es noch 350 gewesen sein. Ein Zehntel der heutigen Zahl. Allein 2012 sind über 400 (!) Museen entstanden, eine unglaubliche Zahl, die aber von der chinesischen Museumsorganisation selbst kommt.
Das zentrale Pekinger Nationalmuseum wurde unter Beteiligung deutscher Architekten umgeplant und erweitert. Der Ehrgeiz ist sichtbar, hier in der allerersten Liga der Weltmuseen vertreten zu sein, wenngleich vorerst eher den Dimensionen nach. Die Ausstellungsfläche gilt als größte der Welt.
Das neue und nationale Pekinger Kunstmuseum, als dessen Architekt Jean Nouvel 2012 als Architekt ermittelt wurde, wird sechs Mal so groß sein wie das existierende.
Nationales Kunstmuseum Peking, NAMOC
Woher sollen eigentlich die Sammlungen kommen, für tausend neue Museen? Und um welche Art von Sammlungen soll es sich eigentlich handeln? Und woher werden die Besucher kommen für all diese Museen? In Shanghai sollen sich angeblich nur 11% für Museen interessieren, deutlich weniger, als in Europa. China hat eine relativ junge, am Beginn rein koloniale Tradition der Museumskultur und erst nach 1945 entstanden vermehrt Museen (1949, im Jahr des Machtantritts der Kommunistischen Partei, hatte China 25 Museen und inj den zehn Jahren der Kulturrevolution wurden zahlreiche Museen zerstört), z.B. historische, die den kommunistischen Fortschritt oder militärische Erfolge und Leistungen dokumentierten oder Personalmuseen, etwa mehrere Mao Tse Tung gewidmete, die die großen Persönlichkeiten würdigten.
Diese Museen gibt es immer noch, aber seit einigen Jahren wandelt sich auch auf diesem kulturellen Gebietet vieles und tiefgreifend.
Shanghai Powerstation of Art
In den Finanz- und Wirtschaftsmetropolen gibt es ein Bedürfnis nach Anschluß an den Westen, 2013 wurde in Shanghai in der Power Station of Art (wo angesichts des Gebäudes der Vergleich mit der Tate Modern sich aufdrängt) eine große Warhol-Ausstellung gezeigt, eine umfassende Werkschau, nur ohne Mao, wie ich der Wirtschaftswoche vom 16.6.2013 entnehme, das einer meiner Quellen für diesen Post ist.
Der Museumsboom ist ein "verordneter" und er scheint gezielt eine Art von Überkapazität zu schaffen, vor allem im Bereich der Kunstmuseen. Langfristig würden die Museen für eine rasch wachsende, urbane und wohlhabendere Mittelschicht interessant werden und - wofür es in China nur eine sehr dünne Tradition gibt -, als Ort der Bildung anerkannt und genutzt werden.
Parallel zur staatlichen Museumspolitik boomen nun auch private Museen, auch deren Zahl ist sprunghaft angestiegen, und manche von ihnen sind technisch und didaktisch auf dem avanciertesten Stand. Bei den staatlichen Museen hinkt aber die Vermittlung, Gestaltung, Konzeption usw. hinter dem atemlosen Bau- und Gründungsboom hinterher. Auch der Bedarf an qualifiziertzem Personal kann nicht so schnell gedeckt werden.
Red Brick Contemporary Art Museum, Peking
Ist das nicht eine ziemlich paradoxe Entwicklung: eine staatliche Politik, die sehr darauf bedacht ist, jede Dissidenz, gerade in der Kultur und Kunst, zu regulieren und auch notfalls zu unterdrücken, bedient sich eines im Zeitalter der europäischen Aufklärung entstandenen Modells, das ohne ein Minimum an öffentlicher Debatte, Unabhängigkeit, Kritik kaum lebensfähig erscheint? Andrerseits kann auch das Museum instrumentalisiert werden, als ideologischer, staatlich gelenkte Apparatur, in der gesellschaftspolitische Vorstellungen im Interesse der politischen Machthaber modelliert und propagiert werden können.
Datong Art Museum
Und überhaupt: Europäische Aufklärung? Die große, von deutschen Museen konzipierte, ausgerechnet zur Wiedereröffnung im Nationalmuseum in Peking gezeigte Ausstellung "Die Kunst der Aufklärung", hatte ihre Grenzen keineswegs nur an der Zurückhaltung der Politiker und Behörden. Aufklärung läßt sich nur schwer mit der langen kulturellen und philosophischen Tradition Chinas vermitteln. Das wurde an der Schau und an der um sie herum in den deutschen Medien damals heftig geführte, von der nahezu zeitgleichen Verhaftung Ai Weiweis ausgelösten Debatte deutlich. (Hier zum Post Postideologische Museumspolitik. Die Ausstellung der Bundesrepublik Deutschland "Kunst der Aufklärung" im Chinesischen Nationalmuseum mit ausführlicher Dokumentation der Debatte und zahlreichen Links zu den diversen Berichten, Kritiken und Essays).
Doch warum sollten in China ausschließlich idealistische Ziele dem Museumsboom zugrundeliegen. Auch dort gibt es inzwischen eine "Kulturindustrie" deren symbolische Bedeutung vielleicht sogar weniger wiegt als die materielle: "n 2009 a State Council meeting upgraded culture to the level of a strategic industry. The current five-year plan for 2011-15 spells out government policy in detail. Culture is the “spirit and soul of the nation”, it says, and a powerful force for the country’s development. Over time culture is to become a “pillar industry”, loosely defined as one that makes up at least 5% of the country’s gross domestic product." (The Economis, 21.12.2013).

Sonntag, 5. Januar 2014

Dark tourism in Rumänien


Rumänien, eins der ärmsten und politisch hoffnungslosest erscheinenden Länder Europas, scheint eine neue Form des Tourismus erfunden zu haben und aus seiner Not eine Tugend machen zu wollen. Die rabenschwarzen Seiten seiner Geschichte vernetzt man in einem touristischen Besichtungspfad zu einer Tour der Schrecken, die, in bewährter musealisierende Manier, zur konsumierbaren Gruseligkeit herabgemildert werden. Die traumatischen Erfahrungen einer Nation, von ih selbst kaum aufgearbeitet, sollen zu Touristenattraktionen werden.
Der "Standortvorteil", den speziell Rumänien hat, wird sofort klar, wenn man die Vermarktung gleichsam zeitlich rahmenden Schlüsselpersonen nennt: Vlad Tepec, den (angeblichen) Vampir und Ceaucescu, den Diktator.
Beide, Vlad Tepec, der "Pfähler" und Vorbild für Bram Stokers Dracula und der barbarische Staatschef lassen sich in der Provinzstadt Targoviste, etwa 80 Kilometer von Bukarest entfernt liegend, lokalisieren. Hier stehen die Reste von Tepec Schloss (allerdings ist das nur ein Ort, der mit mehren anderen um Authentizität konkurriert) und die Kaserne, in der dem Ehepaar Ceaucescu der Prozess gemacht und wo sie erschossen wurden.
Eilig und oberflächlich wurden die Räume der Kaserne für Besichtigungen hergerichtet, als "Expozitia 25 Decembrie 1989", in denen Nicola und Elena Ceaucescu ihre letzten Stunden vor ihrer Hinrichtung verbrachten und der Hof, wo die Erschießung stattfand, in einer Provinzkaserne in Targoviste, wo man die Einschusslöcher zu sehen bekommt, die allerdings ein Zeuge der Ereignisse als nachträglich angebracht bezeichnet.
Zur "roten Rundfahrt" gehört Ceaucescus Geburtshaus, sein aberwitziger Regierungspalast in Bukarest, der Sitz der Kommunistischen Partei.
Verbunden können zwischen diesen beiden Personifikationen des schieren Entsetzens die diversen martyrologischen Plätze, die von Verbrechen, Terror, Folter, Mord kontaminiert sind.
"Die Hoffnung der Tourismusministerin, dass der circuitul rosu Besucher aus Westeuropa, den USA und China nach Rumänien lockt, dürfte im Trend zum dark tourism begründet liegen. Fachleute verstehen darunter eine Reiseform, bei der Voyeurismus, Nervenkitzel, Faszination des Schreckens, aber auch die persönliche Auseinandersetzung mit Leiden und Tod eine Rolle spielen. Zu den Zielen zählen Schlachtfelder, Genozid-Museen und Konzentrationslager genauso wie Tschernobyl oder das London Dunkeln." (1)
Für Devisen die schwarze Seite deer Landesgeschichte an die Touristen zu  bringen ist das Ziel der rumänischen Tourismusministerin Elena Udrea: "Western tourists are very interested in Ceausescu's history, provided we can sell it properly," Elena Udrea. Trauma wird Sehenswürdigkeit.

(1) Burkhard Strassmann: Der letzte Weg des Karpatengenies, in: DIE ZEIT 14.11.2013 Nr.47 (online)

Freitag, 20. Dezember 2013

Text macht Museum (Texte im Museum 441)

Der "Ausweichsitz der Verfassungsorgane", kurz Regierungsbunker, sollte die Deutsche Regierung 30 Tage lang in einem Atomkrieg überleben lassen und auch Regierungsfähigkeit ermöglichen Und dann? Wir werden es nie erfahren, denn irgendwann begann man den Bunker aufzugeben. 
Aber es gibt offenbar immer Menschen, die der Meinung sind, daß man etwas erhalten muß, was immer es auch sei, anstatt es verschwinden zu lassen. Der lokale Widerstand, der sich gegen die völlige Demontage des unheimlichen Objekts entwickelte, "rettete" einen Rest - als Museum. Eine rasch hingepinselte Schrift (auf die ich durch Jörn Borchert aufmerksam geworden bin), setzt die entscheidende Demarkationslinie. 
Der Schriftzug bringt wie kein anderer "Museumstext" (in meiner Sammlung von Museumstexten in diesem Blog) Musealisierung auf den Punkt: Museum (Musealisierung) ist ein dezisionistischer Entschluss, etwas auf Dauer unverändert zu lassen.