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Mittwoch, 11. August 2010

Das Museum als Ort der umkämpften und traumtisierenden Erinnerung

Der peruanische Bürgerkrieg kennt nur einen einzigen Erinnerungsort - ein Museum in Ayacucho. Es wurde von Angélica García Mendoza gegründet, die 1983 eine nationale Vereinigung der Familien der Entführten, Verhafteten und Verschwundenen ins Leben rief, die ihrerseits das «Museum der Erinnerung» als privates Museum der Angehörigen gründete, um der Opfer zu gedenken.
Nun soll ein Museum in einer Kaserne, die Zentrums des Terrors und der Folter war, zum Museum werden.
Vielleicht schon in einem Jahr soll ein Museum in Lima eröffnet werden. Eine Kommission unter der Leitung des Schriftstellers Mario Vargas Llosa bereitet einen Ort vor, an dem die überfällige Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg stattfinden soll.
Hier ist nicht private Initiative im Spiel, nicht einmal peruanische, sondern deutsche Entwicklungshilfe, die die von der peruanischen Wahrheitskommission konzipierte Ausstellung «Yuyanapaq» mit1700 Fotos und rund 15000 Zeitzeugenberichten in einem eigens neu gebauten Museum fortgeführt wissen will. Dieser Intervention von außen begegnet die Regierung in Peru mit Skepsis, das Militär mit Ablehnung. Bemerkensert bleibt, wie hier Museen ins Zentrum der Aufarbeitung von Traumata rücken. NZZ 11. August 2010

Ausstellen gegen Globalisierung und Unrechtssysteme

Potisi - im 17. Jahrhundert eine der größten Städte der Welt
Warum stellen sich Museen nicht den zahllosen großen Gegenwartsthemen? Wären das nicht wichtige Werkzeuge historischer Deutung und Orientierung wie Reflexion?Bemerkenswert: ein berühmtes Museum Moderner Kunst beauftragt drei Künstler und einen Soziologen mit einer Ausstellung, die Globalisierung nicht als leere Wortetikette verwendet, sondern an einem Beispiel recherchiert und repräsentiert.
Und noch bemerkenswerter: «Die Welt befindet sich in einer tiefen Strukturkrise. Es ist an der Zeit, herkömmliche Paradigmen zu hinterfragen», sagt der Leiter des Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Manuel Borja-Villel. Neun weitere Ausstellungen mit politischem Inhalt sind bereits geplant, die aktuelle, Principio Potosí, über die die NZZ  vom 5. August 2010 berichtet, beschäftigt sich mit Ereignissen und Verhältnissen, die das Verhältnis Spaniens zu Lateinamerika thematisieren.
Potosí war eine Abbaugebiet von Silber, das weltweit gehandelt wurde und dessen Förderung acht Millionen Indios das Leben kostete. Etwa 20 Künstler in Dubai, Peking, Moskau und London haben recherchiert und setzen sich in der Ausstellung mit dem Thema Globalisierung auseinander, die, so der Museumsleiter, in Spanien mit der Eroberung Amerikas beginne. Mit Konzeptschauen wie dieser will er erreichen, daß sein Haus nicht als Teil eines etablierten Unrechtssystems fungieren soll.

Samstag, 13. Februar 2010

Micromuseo Lima - Aktives und lebendiges Instrument in der politischen und sozialen Entwicklung

Ein ambulanter Ort, an dem angesichts der „grossen musealen Leere“ (dem Fehlen eines Museums Moderner Kunst), nicht einfach nur kompensativ eine private Initiative einspringt, sondern ein  Raum für „kritisches Denken darüber, was Musealität sein kann in einem Land der Dritten Welt wie Peru.“ Dieser Raum ist das Micromuseo in Lima. An ihm ist nicht das Gebäude, der Ort, an dem es sich befindet, wichtig, sondern die Projekte und Interventionen, z.B. im öffentlichen Raum, die unter diesem Namen initiiert werden, und mit denen für ein neues Kulturverständnis geworben wird.
Das Projekt entstand nach einer großen politischen Krise, in der kurzen Phase der Demokaratie „mit extrem hoher Inflation, verzweifelter Sinnsuche, politischem und kulturellem Extremismus und avantgardistischen Strömungen.“ Von Beginn an wurden die „etablierten Vorstellungen von Museen in Frage“ gestellt, z.B. durch die Wahl alternativer Orte, wo man Museen normalerweise nicht erwartet und in Zusammenhängen, um die sich Museen nicht kümmern.
Zu den Mezhoden des Museuo gehört das Mischen der Genres und Ausdrucksformen, der Artefakte und Kunstwerke, es geht um eine ‚Materialsammlung’ ohne Hierachie, um jene Ausdrucksformen der verschiedenen Alltagskulturen, die ein „aktives und lebendiges Instrument in der politischen und sozialen Entwicklung“ sein soll.
„Ein Ziel von Micromuseo ist auch die Ermächtigung des Lokalen. Wir sind gegen die Praxis eines internationalen Museums-Franchising, wie sie Guggenheim betreibt. Wir bestehen vehement auf der Bedeutung des Lokalen. Das ist kein territorialer Chauvinismus, sondern ein engagiertes Verständnis von Kultur als lebendiger, unmittelbarer Expression.
Ähnlich, so scheint mir, dem hier im Blog vorgestelleten ndrangheta Museum in Reggio Calabria, ist auch hier ein Museum der Ort, an dem sich die Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderung kristallisiert, die Hoffnung auf Überwindung der Gewaltförmigkeit von Gesellschaft und Poltik. Das „Micromuseo will nicht in die Geschichte eingehen, sondern die Geschichte selbst ändern.
Das lange Gespräch von Eva-Christina Meier mit dem Gründer des Micromuseo Gustavo Buntix ist nachzulesen in: Die Tageszeitung online, 6.2.2010. "Eine Art Weimarer Republik". Die Postmoderne in Peru. Gespräch mit Gustavo Buntinx, Begründer des ambulanten "Micromuseo" in Lima.