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Dienstag, 3. Juni 2014

Daniel Spera äußert sich zum Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel. Auf bemerkenswerte Art.

Daniel Spera ist nicht nur Direktorin des Wiener Jüdischen Museums, sie ist auch Präsidäntin von ICOm Österreich. Für alle, die ICOM nicht kennen - dies ist ein internationaler Museumsverband, mit Sitz in Paris und zahllosen nationalen Komtees in aller Welt.

Im neuesten österreichischen ICOM Newsletter schreibt Frau Spera:

Sehr geehrte ICOM Mitglieder!
Der Terroranschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel hinterlässt uns bestürzt und in Trauer. Das grausame Attentat traf ein Museum, das sich besonders für Toleranz, gegenseitiges Verständnis und interkulturellen Austausch einsetzt. Einen Ort des Erinnerns und Vermittelns von jüdischer Geschichte und Religion. Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt unseren Kolleginnen und Kollegen, den Besuchern und allen Angehörigen. Wir senden den Familien der Opfer unser tiefstes Mitgefühl.
Dr. Danielle Spera
Präsidentin ICOM Österreich

Daniel Spera macht aus dem Anschlag einen auf ein Museum und gebraucht das Schlüsselwort zu dem Anschlag nicht: Antisemitismus. Sicher, der Ort ist nicht arbiträr, aber es hätte der Anschlag jeder jüdischen Einrichtung gelten können. Er galt nicht einem Museum als Institution. Sie nennt die Opfer und zollt ihnen Anteilnahme, aber es scheint sie ihre Position als Vorstand einer Museumsvereinigung dazu zu verleiten, erst einmal "das Museum" attackiert zu sehen.

Pierre Mertens, ein belgischer Autor in Le Monde, dem andere, einschlägig 'vermeidende' Medienberichte aufgefallen waren: "Ein Wort hätte ausgesprochen werden müssen, gewiss, es ist nicht angenehm zu hören, denn es spricht von Sorglosigkeit und Voraussehbarkeit. Nichts war so wenig unerwartet... Spielen wir kein Ratespiel. Der Antisemitismus, die neue Judenfeindlichkeit breitet sich überall in Europa aus: Warum sollte Belgien davon verschont bleiben?"

 


Mittwoch, 14. November 2012

Der Charme der Barbarei. Das Kongomuseum in Tervuren

1897 wurde in Brüssel auf Veranlassung König Leopold II. von Belgien das Kongo-Museum gegründet. Die politische Vorgeschichte dieses Museums ist die Aufteilung Zentralafrikas unter einigen europäischen Staaten auf der sogenannten Berlin-Konferenz von 1884/85, zu der Reichskanzler Bismarck eingeladen hatte. Ein Ergebnis der Konferenz war, daß der Kongo dem Belgischen König zugeschlagen worden - persönlich und nicht als Repräsentant Belgiens. Leopold hatte diese Annexion gut vorbereitet, unter anderem, indem er sich der Unterstützung des Journalisten und „Entdeckers“ Henry Morton Stanley versicherte. Leopold hatte seine in den 70er-Jahren begonnen Maßnahmen geschickt getarnt. Vom belgischen Staat mit Geld unterstützt, gründete er wissenschaftlich-philantropisch auftretende Organisationen, getarnt, die International African Society und die International Association for the Exploration and Civilization of the Congo.

Ein Drittel des Landes wurde Unternehmern überlassen, zwei Drittel behielt Leopold II. exklusiv für sich persönlich. Der belgische König ist im privaten Besitz eines Territoriums, das 76mal größer ist als Belgien und das er mit einer privaten Armee kontrolliert.
Um Investoren in die afrikanische Kolonie zu bekommen, nahm König Leopold I. die Brüsseler Weltausstellung von 1897 zum Anlass, eine Ausstellung im „Palast der Kolonien“ zu errichten. Sie sollte auch bei einem breiteren Publikum für die Kolonie werben. König Leopold I. und den im Kongo tätigen Firmen ging es vor allem um die Ausbeutung von Rohstoffen, vor allem Kautschuk, das für die Reifenproduktion, für Telefonkabel, Haushaltsartikel usw. eben gerade als Rohstoff wichtig und kostbar wurde und um Elfenbein. Die Ausstellung wurde auch nach Schließung der Weltausstellung gezeigt und der französische Architekt Charles Girault wurde 1904 mit den Planungen für ein eigenes Museumsgebäude beauftragt.

1910 wurde von König Albert I. das „Museum Belgisch Kongo“ eröffnet. 1952 erhielt es den Zusatz „königlich“. Zwei Jahre nach der Weltausstellung Brüssel wurde das Museum 1960 schließlich in Königliches Museum für Zentralafrika umbenannt. Bei dieser Weltausstellung, also kurz vor der Unabhängigkeit des Kongo 1960, vermittelte das Museum noch ein harmonisches Zusammenleben im und eine ebenso harmonische bilaterale Kooperation mit dem Kongo.

1998 erschien das Buch "Leopolds Ghost" des Historikers und Journalisten Adam Hochschild, der sich wesentlich auf ältere, z.T. zeitgenössiche Untersuchungen beziehen konnte. In Reaktion darauf richtete das Museum eine Ausstellung aus, die sich der Geschichte des Kongo als „Freistaat“ im privaten Besitz von Leopold I. (1885-1908) bezog ("The Memory of Congo" 2005), die von Hochschild als zu einseitig kritisiert wurde. Es flammte eine Kontroverse um das Ausmaß der Verbrechen und die persönliche Verantwortung Leopolds auf.

Umstritten war vor allem die Einschätzung der Verbrechen als Völkermord, der an die 10 Millionen Tote – eine Halbierung der Bevölkerung - gekostet hätte. Vorsichtigere Schätzungen gehen immerhin noch von der Tötung – durch Ermordung, Zwangsarbeit, Hunger, Krankheiten -, von etwa 20% der Bevölkerung aus.
Durch diese Kontroverse wurde spät das Ausmaß und die Barbarei der Kolonialpolitik Leopold I. bekannt. Zeitgenössische Untersuchungen hatten bereits unglaubliche Dinge ans Licht gebracht, aber Leopold gelang es, mit Medienkampagnen gegenzusteuern. Zu den Grausamkeiten gehörte Zwangsarbeit durch wie Sklaven gehaltenen Einheimischen. Um die Einhaltung von Erntenormen zu erzwingen, gehörte das Töten säumiger Arbeiter, denen zum Beweis, daß sie auch wirklich getötet worden waren, die Hände abgehackt wurden. Das führte dazu, daß Hände zu einer Art Währung im Tausch mit Patronen wurden, weil sie als Beweis dienten, daß sie wirklich zum Töten und nicht etwa zum Jagen verwendet worden waren. Das wiederum hatte dazu geführt, daß Menschen, auch Kindern, bei lebendigem Leib Gliedmaßen abhgehackt wurden, nur um einen „Beweis“ für eine Tötung zu sichern.

Als die Nachrichten über die Zustände im Kongo nach und nach öffentlich bekannt wurden, entfesselte Leopold eine beispiellose Medienkampagne, in der es ihm gelang, den Berichten ihre Glaubwürdigkeit zu nehmen. 1902 erschien Joseph Conrads "Reise ins Herz der Finsternis", ab 1903 begann der englische Jornalist E.D. Morel seine Untersuchungen zu publizieren und Einfluß auf die Haltung der englischen Politik zu nehmen. 1904 wurde ein umfangreicher Augenzeugenbericht des britischen Konsuls Roger Casemont veröffentlicht. Leopold I. wurde gezwungen, eine belgische Untersuchungskommission einzusetzen und die bestätigte den Bericht Casemonts. Das alles führte zu einer breiten Initiative, die als erste weltweite humanitäre Bewegung gilt und der neben den genannten etwa auch Mark Twain und Bertrand Russel angehörten. Die Kampagne bewirkte, die Beschlüsse der Berlinkonferenz zu revidieren.

1908 übernahm der belgische Staat den Kongo. Die Herrschaft Belgiens dauerte bis 1960. Als am 30. Juni 1960 der Festakt der Unabhängigkeit des Kongo stattfand, antworte der erste, durch freie Wahlen legitimierte Ministerpräsident des Landes, Patrice Lumumba in seiner öffentlichen Rede auf die affirmative und den Kolonialismus rechtfertigende Ansprache des belgischen Königs Baudoin mit einer scharfen Kritik an der Kolonialpolitik. Er kündigte Demokratisierung und Verstaatlichungen an, was sofort Belgien und die USA zu Gegnern machte. Nicht einmal sieben Monate später, am 17. Jänner 1961, wurde Patrice Lumumba ermordet, wie man heute ziemlich sicher zu wissen glaubt, von belgischen Militärs und Geheimdienstlern, die dem CIA, der ihn ebenfalls beseitigen wollte, zuvorkamen.

Das Museum in Brüssel-Tervuren heißt heute Musée Royal de l'Afrique Central. Man hat in den letzten Jahren immer wieder von Veränderungen gehört, die sollten aber behutsam vor sich gehen, hieß es. Eine energische und nachhaltige Konsequenzen aus den einschlägigen Forschungen und Debatten hat man bis jetzt nie gezogen. Nun ist eine zweijährige Schließung (2013 bis 15) angekündigt, während der die Dauerausstellungen erneuert werden soll. Allerdings ist da in erster Linie von einer Renovierung des hundert Jahre alten Gebäudes die Rede und der Direktor sagt (auf der Webseite des Museums) dazu: "Der einzigartige Charme dieses denkmalgeschützten Gebäudes bleibt sicher bewahrt, aber sowohl szenographisch als auch inhaltlich war eine Renovierung notwendig."

Seine Begrüßungsworte enthalten keinen einzigen Hinweis auf die Kolonialgeschichte, auf Leopold I. und den Kongo. Stattdessen versichert er uns der Bedeutung des Museums: ""Das Königliche Museum für Zentralafrika (KMZA) hat den Ruf, eines der schönsten und beeindruckendsten Afrikamuseen weltweit zu sein. Seit Gründung 1898 besteht der Auftrag des Museums darin, Sammlungen aufzubewahren und zu verwalten, wissenschaftliche Untersuchungen zu führen und der breiten Öffentlichkeit Kenntnisse über die Aktivitäten des Museums im Bereich Bildung und Wissenschaft zu vermitteln. Das Museum nimmt aktiv an der nachhaltigen Entwicklung von Afrika teil und will ebenfalls Zentrum für Begegnungen und die Überlegung über das gegenwärtige Afrika und seine Problematik sein. Unsere vielfältigen Sammlungen haben einen hohen wissenschaftlichen Wert und sind in zahlreichen Bereichen einzigartig. Gegenwärtig werden große Teile dieser Sammlung digitalisiert, damit sie für Forscher auf der ganzen Welt zugänglich werden."

Unter dem Stichwort "Geschichte" (des Museums) liest man: "Am Ende des 19. Jh. konnte Leopold II. seinen Wunsch erfüllen und dem kleinen Land Belgien eine Kolonie verschaffen. Und sehr schnell fühlte er den Bedarf, sein Kongo der belgischen Bevölkerung zu zeigen...Um die 'Entwicklungs- und Bildungsarbeit' von Belgien im Kongo besser bekannt zu machen und um der belgischen Bevölkerung einen besseren Einblick in die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses Gebietes zu geben, wollte Leopold II. eine Art Museum oder 'Schaufenster' über sein Kongo einrichten...Im Park wurden neben vielen anderen Attraktionen verschiedene kongolesische Dörfer aufgebaut. Ferner wurden in einem unterirdischen Verbindungsgang besondere und eigenartige Süßwasserfische aus Kongo gezeigt. Diese Ausstellung wurde zu einem enormen Erfolg mit mehr als 1,2 Millionen Besuchern in sechs Monaten."

Mittwoch, 18. Januar 2012

Fundsache "Weltausstellungselefant"


Das Royal Museum for Central Africa in Tervuren / Brüssel offeriert auf seiner Webseite diesen Elefanten als "Schatz des Monats" - mit dieser Erläuterung:
Just like a lot of the other animals in the museum the elephant was collected for the 1958 World Exhibition. A group of hunters gave chase for around 10 days before the elephant was finally shot down on the Bushimaie Hunting Zone in South Kasai. It fell to its stomach and had to be rolled over by hand with the help of as many as 200 villagers. The elephant was immediately skinned and the meat was eaten there and then. Salt was rubbed into the skin which was then placed on a clay floor and left in the shade for three weeks. The dried skin and bones were then shipped to London where the structure which would be fixed to the skin, tusks and teeth was to be constructed. In 1957 the elephant was shipped to Brussels for the 1958 World Exhibition.  A year later it was transferred to the museum in Tervuren.